Diskussionsbeiträge
der Projektgruppe Friedensforschung Konstanz, Nr. 53, 2004
Süddeutsche Zeitung,
29.11.2000, S.10
Konflikt mit Albanern
in Südserbien
Kostunica
setzt auf Diplomatie
Jugoslawiens Präsident für internationale Vermittlung
Von Bernhard Küppers
Belgrad - Der jugoslawische Präsident Vojislav Kostunica sucht den Konflikt
mit Albanern am innerserbischen Ostrand des Kosovo im internationalen Zusammenwirken
zu lösen. Die jugoslawische Armee und serbische Polizei zog Kräfte
außerhalb der Fünf- Kilometer-Pufferzone zusammen, wo sich Kämpfer
der albanischen "Befreiungsarmee von Presevo, Bujanovac und Medvedja (UCPBM)"
verschanzt haben. Gleichzeitig betonte Kostunica bei einem
Besuch in dem von Serben und Albanern gemischt besiedelten Krisengebiet, dass
er auf Diplomatie setzt. Serben und die UCPMB vereinbarten
eine unbefristete Waffenruhe. Vor mehreren hundert Serben in der Stadt Bujanovac
verwies Kostunica indirekt auf den Unterschied zur Zeit seines Vorgängers
Slobodan Milosevic und sagte: "Ihr habt die Armee und die Polizei, aber
diesmal auch die Welt auf Eurer Seite. " Regierungsvertreter von der Demokratischen
Opposition Serbiens (DOS) unterlassen inzwischen auch ultimative Drohungen,
wie sie vergangene Woche nach der Tötung von vier serbischen Polizisten
noch geäußert worden waren. Ziel der UCPBM ist der Anschluss
des Gebiets der drei Gemeinden Presevo, Bujanovac und Medvedja mit seinen etwa
70 000 albanischen Bewohnern an ein unabhängiges Kosovo.
Kostunica, der vom jugoslawischen Armeechef Nebojsa Pavkovic und serbischen
Geheimdienstchef Rade Markovic begleitet wurde, sagte in Bujanovac, es solle
respektiert werden, dass das Gebiet "immer multiethnisch" gewesen
sei. Mit "allen Mitteln" sollten aber auch die territoriale Integrität
und Souveränität Jugoslawiens verteidigt werden. Damit meine er "vor
allem Diplomatie". Für die gegenwärtige Krise machte Kostunica
noch einmal die KFOR verantwortlich. Das Problem sei entstanden, weil die KFOR
"albanische Terroristen in die entmilitarisierte Sicherheitszone hinein
gelassen hat".
Sein Außenminister Goran Svilanovic versicherte bei der OSZE-Jahreskonferenz
in Wien der amerikanischen Außenministerin Madeleine Albright, dass die
jugoslawische Armee und serbische Polizei die Pufferzone respektieren werde.
Gemäß einem Abkommen vom Ende des Kosovo-Kriegs darf die jugoslawische
Armee in die fünf Kilometer breite "Boden-Sicherheitszone" zwischen
der Ost- Grenze des Kosovo und Innerserbien nicht hinein und die serbische Polizei
nur mit leichten Waffen. Kostunica, der in Wien die Dokumente
zur Wiederaufnahme in die OSZE unterzeichnete, vermied eine Begegnung mit Albright.
Sie ist als Verfechterin der Nato- Bombenangriffe von 1999 bei den Serben missliebig.
Kostunica sprach in Wien jedoch erstmals den UN-Verwalter des Kosovo, Bernard
Kouchner.
Auf Vorschlag Kostunicas befasste sich das jugoslawische Bundesparlament mit
der Wahl Mladjan Dinkics von der DOS-nahen Expertengruppe G17 plus zum Nationalbank-
Gouverneur. Zu der Sitzung erschien erstmals seit der Belgrader Wende auch die
Abgeordnete Mira Markovic, Milosevics Frau.
back to documents
back to overview